Die richtigen Chemikalien- und Virenhandschuhe nach EN 374
Die EC ISO 374:2016+A1:218 (kurz EN 374) ist eine weltweite Norm für Handschuhe, die Sie bei der Arbeit mit schädlichen Chemikalien und/oder Mikroorganismen schützt. Sie stellt sicher, dass Ihre Mitarbeitenden vor irreversiblen Gesundheitsschäden geschützt sind. Und vor eventuellen Rechtsfolgen für Ihr Unternehmen.
Inhalt:
- Medizinische und rechtliche Folgen
- Norm EN 374
- Arbeitsplatzanforderungen
- Resistenz von Schutzhandschuhen gegen Chemikalien
- Schutzhandschuhe gegen Mikroorganismen/Viren
- EN 374-Kennzeichnung für Chemikalienschutzhandschuhe
- EN 374-Kennzeichnung für Schutzhandschuhe gegen Mikroorganismen
- Handschuhmaterial und -größe
- Weitere Ratschläge zu Schutzhandschuhen
Medizinische und rechtliche Folgen
Wenn Ihre Mitarbeiter nicht die richtigen Schutzhandschuhe tragen, kann dies zu schweren, irreversiblen Schäden – wie zum Beispiel Hautverbrennungen, Dermatitis oder anderen Arten chronischer Verletzungen – führen. Hieraus können Arbeitsunfähigkeit oder Krankheitsausfälle, und im schlimmsten Fall sogar der Verlust des Arbeitsplatzes des Mitarbeitenden resultieren.
Das Tragen der richtigen Schutzhandschuhe während der Arbeit mit Chemikalien und/oder Mikroorganismen ist daher für Ihre Mitarbeitenden und für das gesamte Unternehmen wichtig. An dieser Stelle kommt die Norm EN 374 ins Spiel.
Norm EN 374
Der vollständige Titel der Norm lautet EN ISO 374-1:2016 + A1:2018. Die Norm ist derzeit in fünf Stufen unterteilt, wobei jede Stufe für eine bestimmte Art von Prüfung und Anwendung steht:
- EN ISO 374-1:2016+A1:2018
Leistungsanforderungen für chemische Risiken - EN 374-2:2019+A1:2018
Bestimmung des Penetrationswiderstands - EN 16523-1:2015+A1:2018 (früher EN 374-3:2003)
Bestimmung der Beständigkeit von Materialien gegen die Permeation von Chemikalien und von flüssigen Chemikalien unter den Bedingungen eines kontinuierlichen Kontakts - EN 374-4:2019+A1:2018
Bestimmung der Beständigkeit gegen Degradation durch Chemikalien - EN ISO 374-5:2016+A1:2018 (+ ISO16604 / Methode B)
Schutz vor Bakterien, Pilzen und Viren
Die gebräuchlichere Bezeichnung für die Norm ist EN 374. Die Abkürzungen EN 374-1 bis 374-5 werden oft für die einzelnen Stufen innerhalb der Norm verwendet.
Arbeitsplatzanforderungen
Welchen Typ von EN 374-Handschuhen Sie benötigen, hängt ganz von Ihrer Anwendung ab. Zusätzlich zur Chemikalienbeständigkeit benötigen Sie möglicherweise auch Schutz vor anderen Gefahren, zum Beispiel durch Schnittfestigkeit (EN 388) oder Hitzeschutz (EN 407).
Eine Risikobewertung durch Ihren Gesundheits- und Sicherheitsbeauftragten kann Ihnen helfen, alle Optionen zu prüfen und den richtigen Handschutz auszuwählen.
Resistenz von Schutzhandschuhen gegen Chemikalien
Bei chemikalienbeständigen Handschuhen garantiert die Norm EN 374 die Prüfung auf Permeation, Penetration und Degradation:
- Permeation: Die Kautschuk- und Kunststoffschichten im Handschuh sind die Barrieren gegen Chemikalien. Es ist daher notwendig, ihre Durchbruchzeiten zu messen, d. h. die Zeit, welche die gefährliche Flüssigkeit benötigt, um mit der Haut in Berührung zu kommen. Ein chemikalienbeständiger Handschuh darf auch bei einem Test mit Luft und Wasser nicht undicht sein. Wenn die Länge des Chemikalienschutzhandschuhs 40 cm oder mehr beträgt, muss auch der Stulpenbereich auf Permeation geprüft werden.
- Penetration: Das Eindringen einer Chemikalie oder eines Mikroorganismus durch poröse Materialien, Nähte, Nadellöcher oder andere Schadstellen in einem Schutzhandschuhmaterial auf nichtmolekularer Ebene.
- Degradation: Manche Chemikalienschutzhandschuhe wirken wie Schwämme, die Flüssigkeiten aufsaugen und so von der Haut fernhalten. Dadurch zersetzt sich der Handschuh. Indizien für eine Degradation sind Abblättern, Aufquellen, Zersetzung, Versprödung, Farb- oder Größenveränderung, Änderungen des Aussehens, Verhärten, Erweichen usw. Die Veränderung der Durchstichfestigkeit nach einem Chemikalienkontakt muss für alle beanspruchten Chemikalien auf dem Handschuh getestet und das Ergebnis in der Gebrauchsanweisung angegeben werden.
Folgende 18 Chemikalien werden für die Tests verwendet:
Kennbuchstabe
Definierte Chemikalie
Cas-Nummer
Klasse
A
Methanol
67-56-1
Primärer Alkohol
B
Aceton
67-64-1
Keton
C
Acetonitril
75-05-8
Nitril-Verbindung
D
Dichlormethan
75-09-2
Chloriertes Paraffin
E
Kohlenstoffdisulfid
75-15-0
Schwefelhaltige organische Verbindung
F
Toluol
108-88-3
Aromatischer Kohlenwasserstoff
G
Diethylamin
109-89-7
Amin
H
Tetrahydrofuna
109-99-9
Heterozyklische und Etherverbindungen
I
Ethylacetat
141-78-6
Ester
J
n-Heptan
142-82-5
Aliphatischer Kohlenwasserstoff
K
Natriumhydroxid 40 %
1310-73-2
Anorganische Base
L
Schwefelsäure 96%
7664-93-9
Anorganische Mineralsäure, oxidierend
M
Salpetersäure 65%
7697-37-2
Anorganische Mineralsäure, oxidierend
N
Essigsäure 99%
64-19-7
Organische Säure
O
Ammoniak 25%
1336-21-6
Organische Base
P
Wasserstoffperoxyd 30%
7722-84-1
Peroxid
S
Fluorwasserstoffsäure 40%
7664-39-3
Anorganische Mineralsäure
T
Formaldehyd 37%
50-00-0
Aldehyd
Zur Festlegung der Permeationsstufe der Chemikalien, mit denen gearbeitet werden soll, wird jede getestete Chemikalie bezüglich ihrer Durchbruchzeit in die Leistungsklassen 0 bis 6 eingestuft.
- > 10 Minuten Durchbruchzeit - Class 1 PI
- > 30 Minuten Durchbruchzeit - Class 2 PI
- > 60 Minuten Durchbruchzeit - Class 3 PI
- > 120 Minuten Durchbruchzeit - Class 4 PI
- > 240 Minuten Durchbruchzeit - Class 5 PI
- > 480 Minuten Durchbruchzeit - Class 6 PI
In Verbindung mit den spezifischen Chemikalien, die für die Prüfung verwendet werden, werden chemikalienbeständige Handschuhe auch in die Kategorien Typ A, Typ B oder (mindestens) Typ C eingeteilt:
- Typ A: Schutzhandschuh mit einer Permeationsbeständigkeit von mindestens 30 Minuten bei mindestens sechs Prüfchemikalien.
- Typ B: Schutzhandschuh mit einer Permeationsbeständigkeit von mindestens 30 Minuten bei mindestens drei Prüfchemikalien.
- Typ C: Schutzhandschuh mit einer Permeationsbeständigkeit von mindestens 10 Minuten bei mindestens einer Prüfchemikalie.
ACHTUNG: Die Angaben zur Chemikalienbeständigkeit lassen sich nicht ohne Weiteres auf die tatsächliche Haltbarkeit am Arbeitsplatz übertragen. In der Praxis können Arbeitsplatzeinflüsse, wie z. B. die Temperatur, die Tragedauer verkürzen.
Schutzhandschuhe gegen Mikroorganismen/Viren
Bei der Auswahl von Schutzhandschuhen gegen Mikroorganismen garantiert die EN 374 die Prüfung auf Penetration und Virenschutz:
- Penetration: Für Schutzhandschuhe gegen Mikroorganismen gelten die gleichen Anforderungen wie für Chemikalienschutzhandschuhe, wenn ein Schutz gegen Bakterien und Pilze beansprucht wird. Wenn die Länge des Chemikalienschutzhandschuhs 40 cm oder mehr beträgt, muss auch der Stulpenbereich auf Virenpenetration geprüft werden.
- Schutz gegen Viren: Wird auch ein Schutz gegen Viren beansprucht, sind diese Handschuhe zusätzlich nach der Norm ISO 16604 getestet.
EN 374-Kennzeichnung für Chemikalienschutzhandschuhe
Neben dem Piktogramm für chemikalienbeständige Handschuhe muss bei Typ A- und bei Typ B-Handschuhen zusätzlich ein definierter Kennbuchstabe stehen. Handschuhe des Typs C haben keinen Kennbuchstaben. Diese Kennbuchstaben beziehen sich auf eine in der Norm festgelegte Chemikalienliste.
Die spezifische Produktkennzeichnung muss Folgendes umfassen:
- CE-Kennzeichnung und ID (und/oder UKCA, aufgrund des Brexit)
- Die notifizierte (oder zugelassene) Stelle
- Pflege- und Lagerungshinweise
- Hinweise und Einschränkungen zur Verwendung
- Degradationsergebnisse bei den beanspruchten Chemikalien
- Eine Liste der im Handschuh verarbeiteten Stoffe, die bekanntermaßen Allergien auslösen
- Name und Anschrift der Stelle, die das Produkt zertifiziert hat.
HINWEIS: Eine Liste aller im Handschuh enthaltenen Stoffe sollte auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden können.
EN 374-Kennzeichnung für Schutzhandschuhe gegen Mikroorganismen
Kennzeichnung nach EN 374-5: Auf Handschuhen zum Schutz gegen Bakterien und Pilze ist das Biogefahren-Piktogramm angebracht. Dazu muss der Schutzhandschuh nach EN374-2:2013 auf Dichtheit geprüft werden.
Bei einem Schutz gegen Bakterien, Pilze und Viren ist das Biogefahren-Piktogramm mit dem Hinweis "VIRUS" versehen. Um über diesen Schutzstandard zu verfügen, muss der Handschuh nach EN374-2:2013 auf Bakterien und Pilze geprüft und nach ISO16604:2014 (Methode B) mit dem Bakteriophagen-Penetrationstest getestet werden.
HINWEIS: Mit dieser Norm können Schutzhandschuhe gegen Mikroorganismen mit oder ohne Chemikalienschutz beansprucht werden, und umgekehrt.
Handschuhmaterial und -größe
Qualität, Dicke und Durchlässigkeit des Handschuhmaterials sind maßgeblich für ihr Schutzniveau gegen bestimmte Chemikalien. Da jedoch jedes Material unterschiedlich widerstandsfähig ist oder auf verschiedene Chemikalien anders reagiert, gibt es keinen Universalhandschuh, der vor allen Chemikalien schützt. Übliche Materialien für EN 374-Handschuhe sind Nitril, Latex und PVC.
Nitril-Handschuhe
- Synthetischer Gummi mit guter Abriebfestigkeit
- Ausgezeichneter Schutz gegen die meisten Chemikalien, außer gegen Ketone
- Wirksamer Schutz gegen aggressive Chemikalien und Lösungsmittel, Mineral- und Pflanzenöle, Benzin und Dieselkraftstoff, Fette und viele Säuren
- Gute Alternative für Menschen mit Latexallergie
- Naturkautschuk mit hohem Komfort, Elastizität und Anpassungsfähigkeit
- Ideal für Präzisionsarbeiten
- Geeignet für den Umgang mit anorganischen Chemikalien und den meisten Lösungsmitteln
- Guter Schutz gegen Infektionen
- Weniger wirksam gegen Erdölverbindungen, aromatische Lösungsmittel, Öle, Fette, Milchprodukte oder Mineralien und Gemüse
- Synthetisches, thermoplastisches Polymer mit guter Abriebfestigkeit
- Sehr wirksam gegen Säuren, Öle und Fette
- Sehr schlechte Barrierewirkung gegen organische Lösungsmittel
Andere Materialien
Andere Materialien sind Butyl, Viton, EPDM und Neopren.
Achtung: Die Kombination von zwei oder mehr Stoffen kann die chemischen Eigenschaften und damit ihre Effekte gegenüber den genannten Chemikalien verändern. Wenn Sie Schutzhandschuhe für den Umgang mit Stoffgemischen auswählen, müssen Sie daher auf die aktuellen Permeationsraten achten. Bei Stoffgemischen sollte der Handschuh generell anhand der chemischen Komponente mit der kürzesten Durchbruchzeit ausgewählt werden.
Die richtige Handschuhgröße
Sind Sie nicht sicher, welche Handschuhgröße Sie wählen sollen? Diese Tabelle hilft Ihnen bei der Entscheidung:
Handschuhgröße
Handgröße
Umfang/
Länge der Hand (mm)
Minimale Handschuhlänge (mm)
6
6
152/160
220
7
7
178/171
230
8
8
203/192
240
9
9
229/192
250
10
10
254/204
260
11
11
279/215
270
Auch Zwischengrößen sind möglich.
Weitere Ratschläge zu Schutzhandschuhen
Die Anwendung, die eingesetzten Stoffe, das Handschuhmaterial und die Größe sind die Schlüsselfaktoren bei der Auswahl von EN 374-Schutzhandschuhen. Sind Sie unsicher oder möchten Sie eine tiefergehende Beratung? Dann nehmen Sie bitte einfach Kontakt zu Ihrem lokalen ERIKS-Handschuhspezialisten auf.
Weitere Artikel
Kontakt
ERIKS Deutschland GmbH
Kreisheide 7
D-33790 Halle (Westf.)
Telefon: +49 (0) 32 222 007-000
Kontaktformular
Bei Fragen zu unseren Produkten und Leistungen nutzen Sie unser Kontaktformular.
ERIKS Standorte weltweit
Nutzen Sie unseren Standortfinder, um den nächstgelegenen ERIKS Standort mit dem benötigten Know-how zu finden.